Gewerkschaft NGG sieht Potential gegen Fachkräftemangel

Integration per Job: Geflüchtet und mit einem Arbeitsvertrag in der Region Hannover angekommen – so ging es Ende vergangenen Jahres 6.826 Asylbewerbern. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit und spricht von einem "Ankommen in der Gesellschaft – bei Kollegen und Chefs". Die NGG beruft sich hierbei auf eine neue Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach ist die Zahl der berufstätigen Flüchtlinge aus den acht wichtigsten Herkunftsländern – darunter Syrien, Afghanistan und der Irak – stark angestiegen. Vor drei Jahren zählte die Arbeitsagentur in der Region Hannover noch 3.020 Asylsuchende mit einem Arbeitsvertrag.

"Die Zahlen zeigen, dass ein großer Teil der Menschen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, im Berufsleben Fuß fassen konnte. Und zwar trotz Sprachbarrieren und teils enormer bürokratischer Hürden", sagt NGG-Geschäftsführerin Claudia Tiedge. Positiv wertet die Gewerkschafterin den steigenden Anteil regulärer Jobs. Laut Statistik waren in der Region 65 Prozent der erwerbstätigen Flüchtlinge sozialversicherungspflichtig beschäftigt. "Diese Menschen verdienen ihr eigenes Geld, sie zahlen Steuern und Sozialbeiträge", so Tiedge.

Dabei könne Zuwanderung ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel sein. Gerade auch das Ernährungsgewerbe suche händeringend Nachwuchs, betont Tiedge. "Hotels, Gaststätten, aber auch Bäckereien, Brauereien und die Lebensmittelverarbeitung haben jahrzehntelange Erfahrungen mit Zuwanderern." Die Wirtschaft könne wie schon in den 1960er- und 1970er-Jahren ein "Integrationsmotor" sein. Die Botschaft der Gewerkschafterin an die Adresse der Betriebe aber ist klar: "Unternehmer dürfen die Geflüchteten nicht als billige Arbeitskräfte ausnutzen. Es darf keine Zwei-Klassen-Belegschaften und auch keine Ausnahmen beim Mindestlohn oder den Dokumentationspflichten – also beim Festhalten der Arbeitszeiten – geben." Denn der Azubi- und Arbeitskräftemangel sei etwa im Gastgewerbe auch durch teils unattraktive Arbeitsbedingungen hausgemacht.

Zwar wollten viele Flüchtlinge möglichst schnell Geld verdienen, um ihre Familien zu unterstützen. "Doch allein mit Helfer-Jobs gibt es kaum solide Berufsperspektiven in Deutschland. Wichtig ist, dass die Flüchtlinge ins duale Ausbildungssystem kommen. ,Azubi statt Aushilfe‘ muss auch die Devise der Unternehmen sein", sagt Tiedge. Laut Statistik waren in der Region Hannover Ende vergangenen Jahres 582 Azubis mit einem Fluchthintergrund gemeldet.

Damit die Integration am Arbeitsmarkt weiter vorankomme, müsse insbesondere die Politik mehr tun. "Es kann nicht sein, dass immer wieder auch Flüchtlinge, die im Betrieb engagiert sind und gut Deutsch sprechen, von einem Tag auf den anderen abgeschoben werden", kritisiert Tiedge. Diese Menschen hätten eine Bleibe-Chance verdient.