Mer als 100 Unterschriften für Offenen Brief

"Das Messerattentat in Burgwedel und die in mehreren Zeitungen veröffentlichten angeblichen Aussagen des Täters haben nicht nur Einheimische, sondern auch viele hier lebende Flüchtlinge und Migranten erschüttert. Dass es eine Kultur oder Religion erlaube, sich bei schweren Beleidigungen mit dem Messer zu wehren, wollten viele nicht einfach unkommentiert im Raum stehen lassen", so 
die Initiative "Interkulturelles Miteinanders" (IKM) Burgwedel in einer Pressemitteilung. Daher habe sich die IKB-Initiative trotz des noch laufenden Verfahrens dazu entschieden, einen Offenen Brief zu verfassen, um die Dinge aus ihrer Sicht richtig zu stellen und gegen gesellschaftliche Spaltung anzugehen.
Ausgehend von Flüchtlingshelfern und Flüchtlingen der IKM-Initiative Burgwedels wurde also ein Offener Brief entworfen, an dem mit etwa 30 Beteiligten in mehreren Arbeitsschritten analog und digital geschliffen wurde. Wichtig war den Verfassern dabei, nicht nur allgemeine Statements abzugeben, sondern ganz klar zu den Behauptungen und daraus entstandenen Unsicherheiten, Wut und Ängsten Bezug zu nehmen.

Weshalb der Offene Brief nicht nur von Flüchtlingen, sondern gemeinsam mit Helfern und Unterschriften von Burgwedeler Bürgern veröffentlicht wurde, begründet Stephan Nikolaus-Bredemeier so: "Wir sind der Meinung, dass alle Bürgerinnen und Bürger eine Verantwortung für eine funktionierende Demokratie und den Erhalt des Rechtsstaates haben und kein Weg daran vorbeiführt, sich zu positionieren. Wir Flüchtlingshelfer, Geflüchtete, Migranten und Bürger treten für einen respektvollen Umgang miteinander ein." Stephan Nikolaus-Bredemeier und Sabine Teschner sind Hautverantwortliche der IKM Initiative und haben gemeinsam die Koordination der Zusammenarbeit am Offenen Brief übernommen. "Wir distanzieren uns von den angeblichen Äußerungen des Täters und der dahinterstehenden Einstellung. Diese Haltung ist abzulehnen. Jede Form von Gewalt und Aggression bringt nur neue Gewalt und neue Aggression", fasst Teschner die Meinung der beteiligten Geflüchteten und Migranten zusammen. Insgesamt haben 116 Personen unterzeichnet, davon gut die Hälfte aus dem Kreise der im IKM-Treff aktiven Geflüchteten und Migranten. Sie möchten den guten und freundschaftlichen Umgang zwischen Flüchtlingen und "Alt-Bürgern" Burgwedels auch weiter positiv gestalten und deutlich machen, dass sie froh sind, in Deutschland einen funktionierenden Rechtsstaat vorzufinden, den sie auch voll und ganz anerkennen.

Der Offene Brief sei nicht nur ein Bekenntnis zum deutschen Rechtsstaat, er möchte auch gegen gesellschaftliche Spaltung ankämpfen: "Es mag kulturelle Unterschiede geben, die sich auch im schneller verletztem Ehrgefühl bemerkbar machen. Jedoch ist die Behauptung, dass deshalb jemand mit dem Messer zustechen darf, nicht nur unwahr, sondern treibt auch einen Keil in die Gesellschaft. Der Täter trägt eine persönliche Schuld, zu der er stehen muss. Echte Reue und eine aufrichtige Bitte um Entschuldigung helfen nicht nur dem Opfer." So werde in dem Brief auch dazu aufgerufen, "sich nicht vorschnell durch Behauptungen und Vorurteile gegen Flüchtlinge aufbringen zu lassen. Stattdessen sollten wir Respekt für Andersdenkende, einen verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Medien wie Facebook & Co. sowie Vertrauen in den Rechtsstaat leben und vorleben."

Gerade bei Facebook kam es nach Meinung der Autoren in lokalen Gruppen immer wieder zu grenzwertigen und teils sogar grenzüberschreitenden Aussagen. "Die Ereignisse in Chemnitz zeigen, wie schnell Hass und Hetze die Demokratie und den Rechtsstaat gefährden können. Wir alle haben deshalb die Pflicht, uns für ein friedliches und freundliches Zusammenleben einzusetzen", wird im Schlusssatz des Briefes gefordert.

Der komplette Brief mit Unterschriften kann online unter ikm-initiative.jimdosite.com, unter diesem Text als PDF oder im IKM-Treff in der Von Alten Straße eingesehen werden.