Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit: Die Arbeiterwohlfahrt wird 100 Jahre alt

Halten ein Plakat hoch, das Marie Juchacz, Gründerin der AWO, zeigt (von links): Marco Brunotte, Vorstandsvorsitzender des AWO Bezirksverbandes, Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Präsidiums des AWO Bezirksverbandes Hannover, Dr. Silke Lesemann, Vorsitzende der AWO Region Hannover, und Burkhard Teuber, Geschäftsführer der AWO Region Hannover.

Am 13. Dezember 1919 rief die Sozialdemokratin Marie Juchacz den "Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt" in der SPD ins Leben und gründete damit die Arbeiterwohlfahrt (AWO). In diesem Jahr feiert die Organisation ihr 100-jähriges Bestehen und der AWO Bezirksverband Hannover und die AWO Region Hannover machen mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen auf das Leitbild, die Ziele und die Arbeit  der AWO aufmerksam. Das Motto: "Echt AWO. Seit 1919. Erfahrung für die Zukunft".  "Seit unserer Gründung sind wir eine Gemeinschaft, deren Mitglieder für soziale Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt eintreten", sagte Yasmin Fahimi, Präsidentin des AWO Bezirksverbandes Hannover, am heutigen Montag, 21. Januar 2019, bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem AWO Bezirksverband in Hannover. "Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind die Werte der Arbeiterwohlfahrt – damals wie heute. Sie bilden das Fundament unserer Arbeit."

Die AWO wurde 1919 mit dem Ziel gegründet, der Not vorzubeugen, Wohlfahrtsleistungen zu verbessern und moderne sozialpädagogische Methoden anzuwenden – die öffentliche "Armenpflege" der Kaiserzeit sollte schrittweise durch eine moderne Fürsorgegesetzgebung überwunden werden. Heute ist die AWO ein unabhängiger Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege mit Arbeitsfeldern wie Kindertagesstätten, Altenpflege, Familienhilfe, Kureinrichtungen, Sozialpsychiatrie und vielem mehr. Fahimi ist überzeugt, dass die Motive der Gründungszeit 1919 nichts an Aktualität verloren haben: "Dem Ziel einer sozial gerechteren Gesellschaft verpflichten wir uns heute, genau wie vor knapp 100 Jahren." Als einer der fünf großen Wohlfahrtsverbände wolle sich die AWO weiterhin sozialpolitisch für Veränderungen in der Gesellschaft einsetzen. "Für die AWO ist 2019 ein bedeutsames Jahr. Das 100. Jubiläum macht uns besonders deutlich, wie sehr wir heute wie damals dafür eintreten müssen, unseren Kindern eine gute Zukunft zu schaffen und allen Mitmenschen ein soziales Umfeld, in dem wir frei, gleich, gerecht, tolerant und solidarisch miteinander umgehen, so wie es im Leitbild der AWO verankert ist", betonte Dr. Silke Lesemann, SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der AWO Region Hannover.

Ein solches Jubiläum sei ein geeigneter Zeitpunkt für einen Rück- und Ausblick, so Lesemann. Seit ihrer Gründung habe die AWO ein breites Angebot an sozialen Dienstleistungen und Beratungsangeboten in der Region Hannover geschaffen – die ersten bereits 1924. Von den mittlerweile 60 Tageseinrichtungen für Kinder mit Kindergärten, Krippen, Horten, Familienzentren und Ganztagsschulen des AWO Bezirks und der AWO Region über die Frauenberatung und die Arbeit mit Menschen mit Migrationsgeschichte bis hin zu Angeboten für Jugendliche und Senioren – die AWO Region Hannover halte in nahezu allen sozialen Bereichen Angebote für Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft bereit. Derzeit seien es fast  200 Einrichtungen und Dienste in den Bereichen Erziehung, Bildung, Gesundheit, Beratung, Pflege und psychosoziale Hilfen. Zu den vielen Meilensteinen in der Geschichte der AWO in Hannover gehöre beispielsweise das im Jahr 1967 eröffnete ehemalige "Emmy-Lanzke-Haus" – ein Wohnhaus für alleinerziehende Mütter, die gesellschaftlichen und familiären Diskriminierungen ausgesetzt waren und die erste Einrichtung für Kinder unter einem Jahr in der Dunantstraße. Damals sei die AWO der einzige Träger gewesen, der Kinder unter einem Jahr betreut hat.  "Die Bewohnerinnen des Emmy-Lanzke-Haus konnten ihre Kinder in eine Krippe, Kindergarten oder Hort geben und dadurch ihre Schulausbildung fortsetzen oder eine Ausbildung beginnen", so Burkhard Teuber, Geschäftsführer der AWO Region Hannover. Heute ist es eine Einrichtung für Alleinerziehende im Carré Spierenweg. Im Juni 2000 nahm die AWO mit dem "Misburger Regenbogenschiff" das erste Familienzentrum in Hannover in Betrieb. "Das Konzept Familienzentrum wurde von der Stadt Hannover übernommen und ist mittlerweile eine hannoversche Erfolgsgeschichte", betonte der AWO-Geschäftsführer.

Die Gesellschaft wandle sich stetig – gerade die AWO sei als bundesweit organisierter Verband geeignet, aktuelle soziale Themen aufzugreifen und für Veränderungen zu sorgen. Dies gelte sowohl in der politischen als auch in der täglichen Arbeit. "Die AWO wird sich auch künftig dort einsetzen, wo die Menschen Unterstützung und Hilfe benötigen – im Mittelpunkt steht dabei die gesellschaftliche Teilhabe", so Fahimi zur zukünftigen Ausrichtung des Verbandes. Zu den Schwerpunkten in Hannover werden die Jugend- und Kinderarbeit, die Migrationsarbeit und die Betreuung und Begleitung von Seniorinnen und Senioren, die Pflege kranker und alter Menschen und der Ausbau der Beratungsdienste gehören", ergänzte Teuber. Man werde als sozialer Verband auch in Zukunft lokal arbeiten und handeln, neue Formen der sozialen Dienstleistungen entwickeln und neue soziale Tätigkeitsfelder bedienen, beispielsweise im Bereich Gesundheit und Seniorenarbeit, so Teuber.  Die AWO sei dabei vielfältig und breit aufgestellt, gut vernetzt und habe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Werte der AWO leben. "Wichtig ist hierbei in Zukunft auch der Ausbau der Vernetzung und der Kooperation mit anderen sozialen Trägern, Vereinen oder der öffentlichen Hand", sagte der AWO Geschäftsführer.  Marco Brunotte, der Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes,  betonte: "Wohlfahrt hat sich längt von der reinen Armenfürsorge wegbewegt und ist eine wichtige Stütze für das soziale Zusammenleben geworden."  Der Bezirksverband Hannover vertrete  als ein Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege 18 Kreisverbände von Cuxhaven bis Göttingen und setze sich für die sozialpolitischen Interessen der Bürgerinnen und Bürger ein, die sich der AWO anvertrauen.

Besondere Schwerpunkte im Jahr 2019 sieht Brunotte in der Zukunft niedersächsischer Kindertagesstätten sowie dem Fachkräftebedarf, welcher die AWO sowohl im Bereich der Kindertagesstätten als auch in der Pflege besonders beschäftigt. Im Rahmen des politischen Schwerpunktes Kinderarmut werde sich der AWO Bezirksverband Hannover auch weiterhin für eine Kindergrundsicherung stark machen und die Lebensbedingungen für die jüngsten unserer Gesellschaft in den Fokus nehmen. Teuber wies außerdem darauf hin, dass die Sozialwirtschaft eine sehr schnell wachsende Branche ist. Mit der Region Hannover und den Kommunen vor Ort, allen voran der Landeshauptstadt Hannover, habe die AWO verlässliche Partner. "Wir können viel für die Gesellschaft leisten, wenn die Rahmenbedingungen auf allen föderalen Ebenen stimmen", sagte Teuber. Von der Politik wünschen er und Marco Brunotte sich, dass sie bei neuen Angeboten darauf hinwirkt, die teilweise befristeten Projekte und Förderprogramme kontinuierlich zu finanzieren.