Mehr Paare, mehr Junge: Hannovers Störche sorgen für neuen Rekord

Bei der ersten offiziellen Zählung im Gebiet des heutigen Bundeslandes Niedersachsen wurden 1934 in und um Hannover 55 brütende Storchenpaare erfasst. Eine Zahl, die erst 83 Jahre später übertroffen wurde: 2017 waren in der Region Hannover 58 Nester mit Paaren besetzt – sieben mehr als im Vorjahr. Auch der Bruterfolg kann sich sehen lassen. Insgesamt wurden 102 Junge aufgezogen (2016: 76). "2017 ist damit vom Brutergebnis, vor allem aber von der Paarzahl her ein gutes Storchenjahr gewesen", diese Bilanz zieht Dr. Reinhard Löhmer, ehrenamtlicher Beauftragter für die Weißstörche in der Region Hannover, in seinem noch vorläufigen Bericht. Denn: "2017 ist aus Sicht der Störche ein vergleichsweise ‚unruhiges‘ Jahr. Neben den sehr weit auseinander liegenden Brutzeiten der Paare war es vor allem die Witterung, die auch jetzt noch zu Jungenverlusten führen kann."

Der Bericht im Wortlaut (Stand: 26. Juli 2017):

Weißstörche in der Region Hannover im Jahre 2017     

Vorbemerkung
2017 ist aus Sicht der Störche ein vergleichsweise "unruhiges" Jahr. Neben den sehr weit auseinander liegenden Brutzeiten der Paare war es vor allem die Witterung, die (auch jetzt noch!) zu Jungenverlusten führen kann. Daher kann zurzeit noch kein abschließendes Ergebnis der Brutsaison 2017 übermittelt werden.

Rückkehr der Störche und Horstbesetzung

Die Zahl der "Überwinterer" mit den Brutvögeln in Bokeloh und Idensen ist rückläufig, da das Grasdorfer Brutpaar nicht mehr vor Ort geblieben sondern wieder gezogen ist.

Wegen des erneut milden Winters sind die "Westzieher" schon ab Mitte Februar in großer Zahl zurück gekommen. Bis Mitte März war durch sie fast die Hälfte der Nester in der Region besetzt.

Die "Ostzieher" hatten offensichtlich auf dem Heimzug Probleme. Ihr Weg ist weit und mit vielen Hindernissen bestückt. Nur wenige kamen schon Ende März im Brutgebiet an. Andere kamen im Laufe des April oder aber auch gar nicht zurück.

Früh verpaarte Störche (Überwinterer und Westzieher) hatten schon in der letzten Märzdekade komplette Gelege und brüteten. Die Nachzügler begannen erst Anfang Mai mit der Brut.

Neben einigen nicht mehr mit Paaren besetzten Horsten in Burgdorf, Schillerslage und Engelbostel gab es Wiederbesiedlungen auf im Vorjahr verwaisten Nestern (Stöcken, Helstorf, Uetze). Erstmals wurden schon längere vorhandene Nisthilfen angenommen in Döhren, Kolenfeld und Bokeloh (Dorfkrug). Sogar ohne menschliche Hilfe kam es zu Neugründungen in Meyenfeld auf dem Dachfirst eines Wohnhauses, in Bokeloh-Mitte auf einem Kamin und in Mesmerode in einer Eiche.

Insgesamt waren in der Region Hannover 58 Nester mit Paaren besetzt – sieben mehr als im Vorjahr, was einem Zuwachs von mehr als 12 Prozent entspricht.

Der Brutbestand in der Region ist auf einem hohen Niveau und hat erstmals die bei der ersten landesweiten Erfassung im Jahre 1934 ermittelte Zahl von 55 Nestern überschritten.

Brutverlauf

Beim Weißstorch hängt der Bruterfolg ab von dem Nahrungsangebot der Saison, von der Bruterfahrung der Eltern sowie vom Wetter.

Das Nahrungsangebot war insgesamt hinreichend. Lediglich in den trockenen Wochen zwischen Mitte Mai und Mitte Juni gab es Engpässe. Regenwürmer waren schlecht erreichbar. Großinsekten fehlten weitgehend ebenso wie die Feldmaus. 

 
Ungünstig aber war über die ganze Saison hinweg wieder das Wetter! Als um den 20. April herum die Jungen der Frühbrüter schlüpften, war es mit (Nacht-)Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt zu kalt. Die niederschlagsfreie, teilweise sehr heiße Periode ab Mitte Mai war für frisch geschlüpfte Junge auch nicht so günstig. Ab der letzten Juni-Dekade gab es dann immer wieder Phasen mit zu großer Nässe. In Basse und Meitze waren die diesjähringenTotalverluste witterungsbedingt. In vielen anderen Nestern überlebten nur ein oder zwei Junge.

Viele zum Teil sehr heftige Kämpfe waren ein weiteres Merkmal der Brutsaison. Das lag unter anderem daran, dass die verspätet eintreffenden Ostzieher um bereits besetzte Nester kämpfen mussten. Gelingt es dabei einem Angreifer auf dem Nest zu landen, ist seine erste Handlung, Eier oder Junge "über Bord" zu werfen! Totalverluste durch Kampf gab es in Altenhorst, in Suttorf und Vesbeck sowie in Liethe und Steinhude (Mitte).

Dazu eine kleine Anekdote aus dem Leben der Störche:

Ein vier Jahre alter in Wendeburg (Landkreis Peine) geborener Ringstorch hatte in diesem Jahr in Steinhude (Mitte) Anfang April mit der Brut begonnen. Anfang Mai hat er dort nach Kampf sein Gelege verloren. Daraufhin flog er (aus Frust?) ins 12 Kilometer entfernte Suttorf, wo er 2015 und 2016 gebrütet hatte. Hier "mischte" er das neue Brutpaar auf. Vier Eier blieben dabei auf der Strecke. Nach diesem Kampf kehrte er nach Steinhude zurück. Er ist immer noch dort – allerdings ohne Nachwuchs.

Die Störchin in Neustadt hat nicht erneut gelegt. Offensichtlich ist sie dazu nicht in der Lage. Ohne Gelege blieben auch die vermutlich noch nicht ganz geschlechtsreifen ("Verlobungs"-) Paare in Helstorf und Bokeloh (Mitte).

Dreizehn Brutpaare zogen einen Jungvogel auf, 17 Paare zwei und 14 Paare drei Junge. Nur in drei Nestern flogen jeweils vier Jungstörche aus (Grasdorf, Alt-Laatzen und Bordenau).

Insgesamt sind elf Paare ohne Nachwuchs geblieben. Das ist mit knapp 19 Prozent vergleichsweise kein schlechter Wert.

Die 47 erfolgreichen Paare haben 102 Junge aufgezogen (2016: 76). Bezogen auf alle Paare hat es damit 1,78 Junge pro Paar gegeben. Dieser Wert liegt im Bereich des langjährigen Mittel von 1,8 Jungen pro Paar.

2017 ist damit vom Brutergebnis, vor allem aber von der Paarzahl her ein gutes Storchenjahr gewesen.

Die Paarzahl ist auf höchstem Niveau. Erfreulich sind zudem die vielen übersommernden Nichtbrüter, die in diesem Jahr die ganze Saison über wieder zu beobachten gewesen sind. Das waren jüngere Störche, die an der Grenze zur Geschlechtsreife stehen. Sie stellen populationsbiologisch gesehen die Brutreserve der Zukunft dar.